Rassismus vor Gericht
Mit Wilson A. an den europäischen Gerichtshof!
Projekt Übersicht
Wilson A. ist Überlebender einer brutalen und rassistisch motivierten Polizeikontrolle, die am 19. Oktober 2009 in Zürich stattfand. Sein Fall zeigt exemplarisch den institutionellen Rassismus der Schweizer Polizei und Justiz. Der Gang vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist nötig, um Gerechtigkeit zu erlangen und den Weg zu ebnen, damit künftige Fälle von Racial Profiling und rassistischer Polizeigewalt klar geahndet werden.
Wenn wir gewinnen, wird dies nicht nur ein Stück Gerechtigkeit für Wilson A. bringen, sondern auch konkrete Folgen für die Schweizer Rechtsprechung haben und andere Betroffene von Racial Profiling, Polizeigewalt und institutionellem Rassismus stärken.
Lebensgefährlich ist die Attacke durch gezielte Stockschläge und Kniestösse in den Bauch- und Brustbereich, da Wilson kurz zuvor eine Herzoperation hatte, sowie durch Würgegriffe, durch die er keine Luft mehr bekommt. Er erleidet durch den Einsatz zudem massive Verletzungen am Hals, an der Wirbelsäule und am Knie, die teilweise zu andauernden Beschwerden führten. Auch Wilsons Freund B. bleibt nachhaltig traumatisiert.
Die zuständige Staatsanwältin der Abteilung «Besondere Untersuchungen» lässt nichts unversucht, um die Polizist*innen aus einem Verfahren und einer Verurteilung herauszuhalten. Zweimal versucht sie das Verfahren einzustellen. Zwar scheitert sie damit einmal vor dem Obergericht und einmal vor dem Bundesgericht, unterlässt jedoch weiterhin jegliche ernsthaften Beweiserhebungen, Befragungen und Untersuchungen, die die Polizist*innen belasten könnten.
Die schliesslich widerwillig formulierte Anklage lautet nur auf unspezifischen Amtsmissbrauch und einfache Körperverletzung – nicht auf Gefährdung des Lebens und Verstoss gegen das Diskriminierungsverbot. Alle Beweisanträge des Anwalts von Wilson A., wie etwa unabhängige medizinische Gutachten, werden abgewiesen. So kann das Gericht behaupten, es sei nicht bewiesen, dass Wilson A. lebensgefährdende Gewalt erlitten hat.
2018, 8,5 Jahre nach dem Vorfall, plädiert sie vor Bezirksgericht auf Freispruch; das Gericht folgt ihr und spricht die Beamt*innen frei. Wilson A. legt Beschwerde ein.
Bis zur Verhandlung vor dem Obergericht dauert es erneut sechs Jahre. Obwohl nun auch Gefährdung des Lebens angeklagt ist, lehnt das Gericht alle Beweisanträge ab, verzichtet auf Zeug*innenbefragungen und spricht den Gruppenleiter der Polizei erneut frei.
Im Oktober 2025 schliesslich rügt das Bundesgericht lediglich die lange Verfahrensdauer, die Einstellungsversuche und die späte Einvernahme des unmmittelbaren Zeugen. Ansonsten stützt es weitgehend die Version der Polizeivertreter und negiert den rassistischen Charakter sowohl der Kontrolle als auch der exzessiven Polizeigewalt.
Wilsons A.s Anwalt Bruno Steiner, der sich seit 2009 sehr engagiert für Wilson A. Âeingesetzt hat, ist inzwischen verstorben. So muss Wilson A. ohne seine Unterstützung den langen Weg für Gerechtigkeit weitergehen. Gehen wir mit ihm!
Wilson A. sagt: «I want to make a voice for the voiceless» (Ich will den Stimmlosen eine Stimme geben).
Für die Kontrolle reichte den Polizist*innen Wilson A.s Hautfarbe, und seine Frage nach dem Grund der Kontrolle war für sie Anlass zu massiver physischer Gewaltausübung.
Im langjährigen juristischen Verfahren wurde diese Willkür reproduziert und das grund- und menschenrechtliche Diskriminierungsverbot erneut verletzt, indem von Anfang an die Schilderung der Geschehnisse durch die beiden Betroffenen nicht ernst genommen und sämtliche Beweisanträge ohne weitere Begründung abgelehnt wurden.
Wir gelangen an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, weil sich keines der Schweizer Gericht mit dem Thema des Rassismus befasst hat. Wir hoffen, dass der Gerichtshof Wilson A. Recht gibt und die Schweiz zwingt, auf verschiedenen Ebenen, vor allem bei der Polizei und Justiz, den vorhandenen rassistischen Strukturen entgegenzuwirken.
DIe Allianz gegen Racial Profiling setzt sich seit dem Jahr 2015 gegen Rassismus in Polizei, Justiz und anderen Institutionen ein und fördert das Bewusstsein für deren strukturelle Ursachen in der Gesellschaft. Sie unterstützt lokale antirassistischer Initiativen, vermittelt rassismuskritisches Wissen mittels Publikationen und unterstützt Betroffene mit strategischen Rechtsverfahren wenn nötig bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Ausgebildete Klavierlehrerin, Restauratorin, Korrektorin und Lektorin, praktizierende Druckerin, angehende Pilzkontrolleurin und immer schon für soziale Gerechtigkeit engagiert
Jurist im Schwerpunkt Antidiskriminierungsrecht, Pendler zwischen Bern, St. Gallen und Kairo, engagiert im Bereich strategischer Verfahren für eine Demokratie für alle
Claudia Wilopo ist seit 2015 Mitglied der Allianz gegen Racial Profiling. Sie forscht zu den Themen Asyl, Migration, Polizei, Racial Profiling und Rassismus aus einer intersektionalen Perspektive. Sie ist in verschiedenen antirassistischen und feministischen Projekten in Zürich aktiv.
Tino Plümecke forscht und lehrt zu Diskriminierung und Rassismus, war bei der Forschungsgruppe Racial Profiling in der Schweiz aktiv und arbeitet zudem beim Verein biorespect mit.





