Spuren im Dunkel: Wie Lena Taminis Graphic Novel das Schweigen ihrer Familie bricht
Ausschnitt der Graphic Novel

Spuren im Dunkel: Wie Lena Taminis Graphic Novel das Schweigen ihrer Familie bricht

Was, wenn du plötzlich begreifst, dass in deiner Familie eine Heldin lebte – und niemand je davon sprach? Manchmal beginnen die wichtigsten Geschichten nicht mit uns – sondern mit dem Schweigen davor. Lena Tamini wuchs mit einer Familiengeschichte auf, über die kaum jemand sprach. Doch irgendwann war da dieser Drang: Sie wollte wissen, verstehen, fühlen. Was sie dabei entdeckte, verändert nicht nur ihre Sicht auf ihre Grossmutter – sondern auch auf sich selbst. Mit ihrer Graphic Novel „Grossmutter und ich“ macht sie das Unsichtbare sichtbar.


Das Interview mit Lena Tamini

Crowdify: Kannst du uns mehr über dein Projekt erzählen und warum es dir am Herzen liegt?

Lena:
Hier der Kurzbeschrieb meines Projekts: «Grossmutter und ich» ist eine Graphic Novel über meine Auseinandersetzung mit der Kriegsgeschichte meiner polnischen Grossmutter. Sie hat während des Zweiten Weltkriegs zusammen mit ihrem Liebhaber Menschen aus dem Gefängnis befreit und wurde denunziert. Der Liebhaber wurde auf der Stelle erschossen, meine Grossmutter als politischer Häftling während drei Jahren in verschiedenen Konzentrationslagern inhaftiert. Kurz vor Kriegsende wurde sie von der Aktion «Weisse Busse» des Schwedischen Roten Kreuzes befreit. Auf zwei Reisen in den Kriegsfussspuren der Grossmutter setze ich mich mit diesem Teil meiner Familiengeschichte auseinander. Dabei lerne ich nicht nur die Geschichte meiner Grossmutter besser kennen, sondern auch meine polnischen Wurzeln und mich selbst.

Warum es mir am Herzen liegt

Diese Geschichte habe ich immer als Tabu erlebt, über das in meiner Familie – ausser meiner Grossmutter selbst – niemand sprechen wollte. Ich hatte vor fünf Jahren das Bedürfnis, mich diesem Thema zu stellen. Dabei ist es mir wichtig, auch die unangenehmen Dinge der Geschichte anzuschauen: Meine Grossmutter war im Konzentrationslager Funktionshäftling, d. h. sie hat andere Häftlinge befehligt. Eine schwierige Position, die ihr unangenehme Aufgaben aufgebürdet, durch die sie aber auch Privilegien genossen hat und ihr wahrscheinlich auch das Leben gerettet hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, sich mit Tabuthemen auseinanderzusetzen, auch wenn dabei unangenehme Dinge zum Vorschein kommen.

Aktuell werden viele Kriege geführt. Familien verlieren Angehörige und werden auseinandergerissen. Menschen müssen flüchten, ihr Heimatland verlassen und in anderen Ländern eine neue Existenz aufbauen, eine neue Sprache und neue Gesellschaftsnormen lernen. Ich finde es wichtig, sich mit den Folgen von Krieg auseinanderzusetzen. Oft ist es erst die EnkelInnen-Generation, die den nötigen Abstand hat, sich mit diesen Themen zu befassen. Umso wichtiger, dass wir EnkelInnen dies tun.

Crowdify: Was sind deine langfristigen Ziele für dein Projekt und wie siehst du die Entwicklung in den nächsten Jahren?

Lena: Als nächsten Schritt werde ich mich mit „Grossmutter und ich“ bei Verlagen bewerben. Mein Ziel ist es, Ende 2026, spätestens 2027 „Grossmutter und ich“ als fertige Graphic Novel in den Händen zu halten.

Crowdify: Welche Herausforderungen hast du bisher bei der Umsetzung deines Projekts erlebt?

Lena: Als ich mit „Grossmutter und ich“ angefangen habe, war mir bewusst, dass das Projekt länger dauern würde. Dass ich nach fünf Jahren aber erst an der Grobvariante des Manuskripts bin, das hätte ich nicht erwartet. Alle Schritte waren jedoch nötig. Es war wichtig, mir Zeit zu nehmen für die Recherche und für die beiden Reisen in den Kriegsfusspuren meiner Grossmutter. Das Thema der Graphic Novel ist herausfordernd: Ich musste, bevor ich ins Zeichnen gehe, zuerst meine Gedanken in einem Text sammeln, der die Basis der Graphic Novel bildet. Nun bin ich nach fünf Jahren endlich am Zeichnen! Doch auch hier wurde ich davon überrascht, wie zeitaufwändig es ist.

Eine weitere Herausforderung ist die Finanzierung. Ich habe bereits Fördergelder erhalten und habe selbst viel Eigenleistung investiert. Weiter hat Pro Helvetia ein gutes Förderprogramm. Um dieses zu erhalten, muss man allerdings bereits einen Comic in einem Verlag herausgebracht haben (was ich nicht habe) und Stiftungen vergeben in der Regel keine Gelder für Einzelpersonen. Die weitere Finanzierung bleibt also noch ein grosses Thema. Deswegen hoffe ich stark auf den Boost mit dem Lotto, mit dem mich die Booster unterstützen können: CHF 22.50 gehen an das Projekt und für CHF 2.50 mache ich beim Lotto mit. Möge es Geld regnen!

Crowdify: Gibt es ähnliche Projekte, die dich inspiriert haben oder von denen du gelernt hast?

Lena: Im Comix Shop Basel war eine Lesung von Tobias Aeschbacher über «Der letzte löscht das Licht». Er hat sechs Jahre an seiner Graphic Novel gearbeitet. Er meinte, er hätte von Anfang an sehr stark an seine Geschichte geglaubt. Das war dieTreibkraft, die ihn dazu gebracht hat, die Graphic Novel bis zum Ende durchzuziehen.  Diese Aussage hat mich inspiriert, wenn es schwierig wurde, dranzubleiben, denn ich glaube von Anfang an sehr stark an „Grossmutter und ich“!

Fazit:

Die Vergangenheit ist nie vorbei – aber wir können entscheiden, wie wir mit ihr umgehen.
Mit „Grossmutter und ich“ schenkt Lena uns ein Werk voller Tiefe, Empathie und Ehrlichkeit. Ihre Graphic Novel ist ein bewegendes Beispiel dafür, wie Kunst Brücken zwischen Generationen bauen kann.
Unterstütze ihr Projekt, wenn auch du glaubst, dass Erinnern ein Akt der Menschlichkeit ist.

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